From Cyberfeminism to Code Control: Cyborg Fashion under the Technological Gaze

By Esmay Wagemans | In the late 20th century, Donna Haraway’s Cyborg Manifesto (1985) introduced the »cyborg« as a hybrid figure of disruption, blurring boundaries between human and machine, nature and culture, body and code. Today, ›cyborg fashion‹, characterized by prosthetics, coded materials, and speculative aes­the­­tics, is more visible than ever, largely due to its circulation within digital media ecosystems and the rise of AI-driven design. Yet this visibility is shaped by a new kind of control: the technological gaze of algorithmic moderation, platform standards, and commercial optimization.

This paper explores how this platform culture has affected the identity and creation of the cyborg. Drawing from my own artistic practice and theoretical frameworks rooted in feminist and posthumanist thought, I examine how digital infrastructures reshape not only the aesthetics of cyborg fashion, but also the very conditions under which it is conceived, made, and shared.

Rather than offering a single definition or solution, this text explores alternative spaces of creation and thinking. It proposes that cyborg fashion’s relevance today lies in reimagining how we make, relate, and remain critically attuned to the systems in which we work. By expanding its possibilities through interrogating the conditions of its creation and circulation, the cy­borg identity becomes not a static icon, but a living methodology.

Wearing Seeds, Sand, and Seawater: Living Garments as Sensory Images

By Swantje Martach, Verónica Madueño | Dress has already been denoted as active by diverse disciplinal strands, especially material culture studies (e.g. Woodward 2005, Miller 2010), affect theory (Ruggerone 2016), and new materialism (Smelik 2018). Yet, how living could dress truly be? This question leads us into the realm of biomaterials, a term that in fashion describes garments made out of biological matter (cotton or animal/plant leather), but that in the work of Peruvian dress artist Verónica Madueño is pushed further towards keeping matters alive while they are acting as dress: gelatinous creations encompassing in an amber-like manner herbal/flower seeds, sand, and seawater, as well as accessories fabricated from corn and spirulina.

As conceptual clothes, Madueños’s works celebrate the contingencies in creating (making-with instead of making-of) and wearing (mold and ice) living agents. In a world that is becoming increasingly pictorial, these environment-as-garments loosen our visual grip of the world, but enable us to experience it differently and most immediately when wearing it. Bringing our senses to life, Madueño’s living dresses shock and shove their wearers towards the image’s exit.

Einleitung Kontingenz in globalen Bildpraktiken / Contingency in global practices

Von Zhuofei Wang und Christiane Wagner | Kontingenz ist ein ambivalentes Konzept: Sie verweist auf Möglichkeiten jenseits des Determinierten, auf ein offenes Feld, in dem Bilder nicht nur repro­duzieren, sondern auch neue visuelle Wirklichkeiten erschaffen. Sie ist ein Prinzip, das sich in der Kunst, den Medien und der Politik unterschiedlich mani­festiert – von der Dada-Montage über surrealistische Automatismen bis hin zu algorithmischen Bildprozessen der Gegenwart. IMAGE 41 widmet sich dem Thema Kontingenz in globalen Bildpraktiken und untersucht, wie das Unvorhersehbare, das Zufällige und das nicht vollständig Berechenbare die Produktion, Wahrnehmung und Bedeutung von Bildern prägen.

Kontingenz des Medienbildes und Politisierung der Ästhetik

Von Christiane Wagner | Angesichts der Kontingenz der Medienbilder wird das neue Ereignis fast immer im zeitgenössischen politischen und kulturellen Kontext wahrgenommen. Erfahrungen dieser Art nehmen jedoch jeden Aspekt des täglichen Lebens ein und verwandeln ihn sogar, bevor er sich im Selbstbewusstsein des sozialen Wesens konkret verwirklicht. Die formalen und inhaltlichen Elemente der Bilder in der westlichen und internationalen Presse stellen ethische und ästhetische Werte dar, die der Ausübung der Grundfreiheiten im Sinne des Demokratieideals entsprechen. Die Politisierung der Ästhetik ist jedoch nicht nur auf die heutige Zeit beschränkt, sondern geht auf die Geschichte zurück. In dieser Analyse wird der Unterschied zwischen der Notwendigkeit wahrer Realitäten in politisch instrumentalisierten Bildern besser verstanden. Eine der größten Herausforderungen in der heutigen Kommunikations- und Informationspolitik ist die Codierung und Decodierung der Bedeutungen von realen, manipulierten oder instrumentalisierten Bildern, insbesondere in ihren politischen und ideologischen Aspekten. Dies ist vorwiegend auf die Macht ihrer globalen Medienwirkung zurückzuführen. In diesem Sinne beschreibt dieser Aufsatz die symbolische Bedeutung hinter der Darstellung und Reproduktion des Medienbildes – nicht notwendigerweise realen – mit politischer Wirkung bei der Konstruktion neuer Realitäten durch eine ikonologische Dekonstruktion, wobei das fotografische Bild mit etablierten Kunstwerken verglichen wird, um die Kontingenz der Bilder als Politisierung der Ästhetik zu belegen.

Visuelle Ironie und Kontingenz: Aneignungen von Praktiken des (politisierten) Sports im künstlerischen Werk von Nilbar Güreş

Von Anna Schober | In diesem Beitrag werden künstlerische Arbeiten der in der Türkei und in Österreich lebenden bildenden Künstlerin Nilbar Güreș in Hinblick auf den in ihnen erfolgenden Gebrauch der Ironie und der Parodie untersucht. In ihrem Werk, das unter anderem aus Performances, Fotografien und Zeichnungen besteht, bezieht sich die Künstlerin auf Bildtraditionen und Diskurse, die sich häufig mit dem Erscheinungsbild weiblicher Körper in der Öffentlichkeit und der Faszination für körperliche Aktivitäten, insbesondere im Sport und in alltäglichen Praktiken, auseinandersetzen. Anhand der künstlerischen Arbeiten von Nilbar Güreș wird aufgezeigt, in welcher Form Ironie und Parodie visuell dargeboten werden. Dabei kommt auch zur Sprache auf welche Weise die Künstlerin eine Formensprache entwickelt, die Bedeutung kalkuliert und rahmende Entscheidungen wie die Wahl des künstlerischen Mediums oder des Aufführungsortes trifft, aber auch, wie sie Alltägliches und Unkalkuliertes in ihre Kunst integriert. Der Aufsatz geht dementsprechend den Fragen nach, inwiefern und in welcher Weise der Einsatz von Ironie in ihrem Werk mit Kontingenz verbunden ist, d. h. wie Zufall, Absicht, Intuition und Improvisation in ihrer Kunst zusammenwirken und wie Ironie als kontingentes Wahrnehmungsereignis Polarisierungen in der Gesellschaft entgegentreten und/oder befördern kann.

From Automatism to Bricolage: Exploring Contingency in Surrealist Painting

Von Haiyu Yuan | In diesem Artikel soll ein kontingenzbasierter Ansatz in der surrealistischen Malerei untersucht werden. Dieser auf Kontingenz basierende Ansatz der Bildorganisation ist nicht festgelegt, sondern hat sich im Laufe der Zeit, vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute, in der Praxis verschiedener Künstler entwickelt. Der Artikel zeichnet die auf Kontingenz basierenden Methoden der Bildorganisation und -aneignung entlang der Zeitachse der surrealistischen Entwicklung nach. Es wird auch untersucht, warum einige zeitgenössische figurative Gemälde, obwohl sie nicht mehr als surrealistisch klassifiziert werden, die auf Kontingenz basierenden Organisationsmethoden des Surrealismus weitgehend übernommen haben. Mit der Entwicklung der modernen Kunstgeschichte beschreibt der Aufsatz vor allem eine dem Surrealismus inhärente visuelle Verschiebung, die sich besonders deutlich im Übergang von der früh-surrealistischen Methode des „Automatismus“ zur pop-surrealistischen Malweise der „Bricolage“ zeigt. Diese visuelle Entwicklung hat sich ganz natürlich in die Methoden der Bildgestaltung zeitgenössischer Künstler integriert, indem sie den Zufall in die Systeme der Aneignung von Bildern auf dem Bildschirm einbezieht.

Heutzutage ist die Definition des Surrealismus extrem weit gefasst; es scheint, dass jedes Bild, das die konventionelle Realität als visuellen Anker transzendiert, als surrealistisch betrachtet werden kann. Wenn wir jedoch versuchen, dieser künstlerischen Bewegung auf den Grund zu gehen, stellen wir fest, dass der Surrealismus viel komplexer ist. In gewisser Weise ist die surrealistische Bewegung eine rebellische Ideologie, die ihre Wurzeln im Dadaismus hat und sich auf verschiedene Bereiche wie Literatur, Musik und Theater auswirkt. Der Artikel konzentriert sich jedoch auf die surrealistische Bildsprache in der Malerei, die nur einen kleinen Teil der umfassenderen Bewegung ausmacht. Das Element der Kontingenz im Surrealismus entspringt zum Teil einem rebellischen Geist, insbesondere als Widerstand gegen die großen Erzählungen des sozialen Kapitalismus. In der Malerei manifestiert sich dieses Phänomen häufig in der Dekonstruktion, Rekonstruktion und Aneignung von Referenzbildern. Die folgende Diskussion untersucht chronologisch die Entwicklung von Kontingenztechniken in der surrealistischen Malerei. Sie versucht auch zu untersuchen, wie diese Kontingenz, angewandt auf malerische Praktiken, mit verschiedenen technologischen Medien, Materialien und Räumen interagiert, um eine chemische Reaktion zu erzeugen. Darüber hinaus präsentiert die Studie zahlreiche Fallstudien von Künstlern als Grundlage für neue Einsichten und Erkenntnisse.

Dada-Montage: kontingent und komplex unter dem Einfluß Nietzsches

Von Hanne Bergius | Zwischen 1916 und 1922 lösten kleine Gruppen von europäischen Dadaist*innen eine Kultur-Revolte über ihre nationalen Grenzen hinweg aus – angesichts gesellschaftlicher, politischer, medialer und industrieller Umbrüche und erschütternder Erfahrungen seit dem Ersten Weltkrieg. In diesem krisengeschüttelten Raum zwischen einer untergehenden und einer noch nicht absehbaren neuen Welt reagierte die Dada-Bewegung mit einer radikalen Skepsis, indem sie die Künste gleich Narrenschiffe aufs offene Meer der Moderne setzte – schwankend zwischen „Allem” und „Nichts”. Kontingenz und Komplexität wurden als sich bedingende ästhetische sowie dadasophische Kategorien der offenen Montageprozesse wahrgenommen – vom Fragment bis zum Entwurf eines „direkten negativen Gesamtkunstwerks” (MARQUARD 1983). In Grotesk-Verfahren sollten die Dadaist*innen ihr „Spiel mit den schäbigen Überbleibseln” (BALL) als sublimen Heroismus der Moderne allegorisieren und inszenieren. Wie Nietzsches Kunst- und Lebensphilosophie die Künstler*innen durch einen produktiven Nihilismus auf die „gesamte brutale Realität” (Huelsenbeck) einzustellen vermochte, wird im Folgenden in der Gewinnung eines umwälzenden Verhältnisses zwischen Kunst und „Leben” sowie zwischen Kunst und den Ingenieur- und Naturwissenschaften aufgezeigt. Eine „polar ambivalente” Dadasophie prägte mit einer „Balancierfähigkeit in Widersprüchen” die dionyisch-apollinischen Interaktivitäten der dadaistischen Werke (HAUSMANN 1982).

The Unpredictable Self: Algorithmic Contingency in Digital Portraiture

Von Yu Shang | Dieser Artikel untersucht die tiefgreifenden Auswirkungen der algorithmischen Kontingenz auf die digitale Selbstdarstellung in der zeitgenössischen visuellen Kultur. Anhand der Entwicklung visueller Medien – vom Spiegel über die analoge Fotografie bis hin zur digitalen Bildbearbeitung – wird untersucht, wie technologische Fortschritte unser Verständnis von Identität und Selbst verändert haben. Die inhärenten Beschränkungen und Fehler algorithmisch gesteuerter Prozesse führen zu Unvorhersehbarkeiten, die sowohl zur Homogenisierung von Bildern als auch zu unerwarteten visuellen Verzerrungen führen. Diese Zufälligkeiten, die nicht einfach technische Mängel sind, eröffnen eine neue Perspektive auf das Verhältnis von Selbstidentität und Bildsprache.
Durch die Analyse meiner eigenen künstlerischen Praxis, darunter Arbeiten wie „How to be or not to be Recognized as A Human“ und „Beats“, zusammen mit den KI-generierten Porträts des Künstlers CROSSLUCID, zeigt der Beitrag, wie Künstler algorithmische Fehler nutzen, um traditionelle Vorstellungen von kreativer Kontrolle in Frage zu stellen. Die Studie beleuchtet die sich verändernde Dynamik der Aneignung digitaler Selbstbilder, bei der die endgültige Präsentation digitaler Bilder durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Kräfte geformt wird, das die Absicht des Schöpfers, technologische Werkzeuge und unvorhersehbare Zufälle kombiniert und schließlich zu einer einzigartigen hybriden Form des visuellen Ausdrucks führt.

Teeth, soap and crystals: Reflections about the contingency in the poetics of the Brazilian artist Tunga

Von Vanessa Seves Deister de Sousa | Das Ziel dieses Artikels besteht in der Analyse der Kontingenzen, die den kreativen Prozess des brasilianischen bildenden Künstlers Antônio José de Barros Carvalho e Mello Mourão (1952–2016), international bekannt als Tunga, durchdringen. Der Künstler arbeitet mit verschiedenen Materialien und künstlerischen Ausdrucksformen, wie Fotografie, Zeichnung, Installation, Performancekunst, Malerei, Skulptur und Video. In diesem Artikel wird insbesondere untersucht, wie Tunga die Themen „Zeit“ und „Körper“ in einigen seiner Werke visuell erforscht, insbesondere in dem Kunstbuch mit dem Titel „An Eye for an Eye“ (2007). Wir verstehen, dass wir durch die Untersuchung der Poetik eines der wichtigsten brasilianischen bildenden Künstler in einen Dialog mit der kritischen Debatte der globalen zeitgenössischen Kunst treten. Als theoretische Grundlage heben wir die Beiträge von Yuriko Saito (2017) hervor, die durch das Thema „aesthetic of the familiar“ stehen.