Von Simon Pfeffel
Abstract
Ein konzentriertes Eintauchen in die Virtual Reality ist dann möglich, wenn die audiovisuelle Rezeption des virtuellen Panoramas mit den übrigen Sinneswahrnehmungen im Einklang steht. Diesen Körperbezug bereits in der Produktionsphase digitaler Medien mit zu bedenken oder außer Acht zu lassen, kann weitreichende, buchstäblich schwindelerregende Folgen für die darauffolgende Rezeption haben. Indem unterschiedliche künstlerische Ansätze aus dem 20. und 21. Jahrhundert mit Fokus des Körperbezugs von Rezipierenden in den Blick genommen und verglichen werden, bei denen Künstler:innen einerseits mit Überwachungskameras und andererseits mit 360-Grad-Kameras arbeiten, sollen Vergleiche und Unterschiede zwischen den jeweiligen Rezeptionserfahrungen auf Basis der technischen Voraussetzungen herausgearbeitet werden.
Concentrated immersion in Virtual Reality is possible if the audiovisual reception of the virtual panorama is in harmony with the other sensory perceptions. Considering or disregarding this reference to the body in the production phase of digital media can have far-reaching, literally dizzying consequences for the subsequent reception. By looking at and comparing different artistic approaches from the 20th and 21st centuries with a focus on the body reference of recipients, in which artists work with surveillance cameras on the one hand and 360-degree cameras on the other, comparisons and differences between the respective reception experiences are to be identified on the basis of the technical requirements.
„Der Raum ist kein Gegenstand, sondern vielmehr der Hintergrund, der Horizont, eben der Spielraum, in dem Gegenstände erscheinen können, er ist eigentlich das Nichts – und was für seine Erfahrung entscheidend ist: Er ist die Totale. Im Raum sein heißt, rundherum vom Raum umgeben zu sein.“ (Böhme 2019: 127)
Der Philosoph Gernot Böhme beschreibt damit gleichzeitig die herausragende Eigenschaft der Rezeption in der Virtual Reality. Im Gegensatz zur Alltagswahrnehmung, in der die Fokussierung selektiv funktioniert,[1] rückt der Hintergrund in der Virtual Reality in den Fokus. Die Bilddarstellung zeigt in der Wiedergabe mithilfe von Virtual Reality Brillen (Head-Mounted Displays/HMD) im Gegensatz z. B. zu Monitoren nicht nur einen kleinen Ausschnitt, sondern ein raumumspannendes Panorama, in welchem sich die Beobachter:innen frei umsehen können. Die im Nachfolgenden anvisierte Fragestellung, inwiefern der Körperbezug für diese Werkrezeption von hoher Relevanz ist, fokussiert auf die Produzent:innensicht von Künstler:innen. Denn im Produktionsprozess werden wesentliche Entscheidungen darüber getroffen, auf welche Art und Weise Perzipierende die gestalteten Bildwelten wahrnehmen. So fokussieren z. B. nicht die Zuschauer:innen die Gegenstände, stellen diese scharf und den Hintergrund unscharf, sondern dies wird bereits vorab durch die Produzent:innen sowie die jeweiligen Kameraeinstellungen festgelegt. Das Panorama, das innerhalb der Virtual Reality Brillen abgebildet wird, kann die Nutzer:innen ihre Umwelt vergessen und deren Sinne weitgehend auf das dargestellte fokussieren lassen, wenn bestimmte Vorkehrungen dazu bereits im Produktionsprozess getroffen werden. Die hermetische Wirkung der HMD schirmt dabei den oder die Betrachter:in von seiner/ihrer Umwelt ab und sorgt dafür, dass sie in die dargestellte Bildwelt eintauchen, diese immersiv erleben können (vgl. Urban/Reich/Van Der Veen 2023: 87).
Im Folgenden wird von einer Dichotomie einer analogen Perzeption einerseits und einer digitalen andererseits ausgegangen. Obwohl die Grenzen der Wahrnehmung einer sog. Mixed Reality (vgl. Skarbez/Smith/Whitton 2021) fließend sein können – indem sich z. B. ein transparentes Display über die Perzeption des tatsächlichen Umfeldes legt oder andererseits ein Video der konkreten architektonischen Umgebung auf dem fokussierten Screen eingefügt wird – ist die Unterscheidung der analogen und der digitalen Wahrnehmung für die folgenden Analysen essentiell, um den Körperbezug der Virtual Reality herausarbeiten zu können: Die digitale Rezeption erfolgt in den nachfolgenden Beispielen über die in den HMDs eingebauten Displays und Kopfhörer. Die analoge Rezeption dagegen bezieht sich auf die menschliche Wahrnehmung des tatsächlichen Umfeldes hinter der HMD. Bei dieser analogen Wahrnehmung ist die sog. Exterozeption – die körperlichen Sinneswahrnehmungen, die auf die Umwelt gerichtet sind (Sehen, Hören, Riechen, etc.) – von der Interozeption zu unterscheiden, die sich z. B. in Form des Orientierungs- oder Gleichgewichtssinns manifestiert. Deutlich wird bei der Aufzählung der menschlichen Sinne jedoch auch: Die audiovisuelle Wahrnehmung ist auf das digitale Bild oder Video gelenkt, die übrigen Sinne jedoch nehmen den analogen Raum weiterhin wahr. Die Medienwissenschaftler:innen Richard Skarbez, Missie Smith und Mary C. Whitton widersprechen daher der Einschätzung, dass auf heutiger technischer Basis eine umfassende Immersionserfahrung möglich ist. Es gibt bereits technische Lösungen, um neben dem Seh- und dem Gehörsinn auch das Fühlen, das Schmecken und das Riechen zu bedienen. Dennoch können sie nur äußere Sinnesreize ansteuern und damit die Exterozeption, jedoch nicht die Interozeption. Auf diese Weise bleibt immer ein Rest körperlicher Wahrnehmung, der eine umfassende Immersionserfahrung mit allen Körpersinnen verhindert. (Vgl. Skarbez/Smith/Whitton 2021) Die Kunstwissenschaftlerin Pamela C. Scorzin verwendet für diese hybride Wahrnehmung das Adjektiv „phygital“ (Scorzin 2023: S. 49):
„Es geht daher nicht so sehr um die Auflösung von Körperlichkeit im Digitalzeitalter, sondern gerade um die körperliche Wahrnehmung und Erfahrung einer Inszenierung im hybriden Raum, in den man mit allen Körpersinnen eintaucht, sodass er zu einer als real erlebten ‚zweiten Realität‘ wird.“ (Ebd.: S. 62)
Ziel der nachfolgenden Untersuchungen wird sein, nachzuweisen, dass der Hintergrund der virtuellen Bildrezeption unter Berücksichtigung des Körperbezugs von Rezipient:innen unter bestimmten Umständen zum Komplizen der digitalen Werkrezeption werden kann und das Eintauchen in die digitale Bildwelt dadurch intensiviert wird. Diesen Anteil der Rezeption mit zu bedenken oder ihn außer Acht zu lassen, hat relevante Folgen: entweder positiv, indem das digitale Erlebnis als umfassend, einnehmend, immersiv erfahren wird oder die digitale Perzeption erfolgt als negative, buchstäblich schwindelerregende Erfahrung. Damit ist eine intensive, körperliche Abstoßungsreaktion beschrieben, die sog. Motion Sickness oder Reisekrankheit (Koch/Cascorbi/Westhofen/Dafotakis/Klapa/Kuhtz-Buschbeck 2018), bei der die Bildrezeption aufgrund enormer Übelkeit sofort unterbrochen werden muss. Die Symptome können bis zu mehreren Stunden andauern und dies gilt es zu verhindern, da sie eine konzentrierte Kunstrezeption unmöglich machen.
Schwindel tritt auf, wenn die digitale Raumwahrnehmung von der analogen dissoziiert. Die Gründe sind vielfältig und zumeist bereits in der Bildproduktion von bspw. 360°-Filmen zu finden. Dazu gehört etwa, ob das Aufnahmegerät der Virtual Reality bewegt oder statisch installiert ist, welche Regie-Anweisungen für die Aufnahme getroffen und ob im darauffolgenden Postproduktionsprozess Filmschnitte für das dokumentierte Material vorgenommen werden. Je weniger die Einstellung im Stillstand ruht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für ungeübte Nutzer:innen, Schwindelgefühle zu erleben, da unterschiedliche Wahrnehmungen des Körpers dissoziieren: In einer digitalen Fahrsimulation z. B. suggerieren Video und Audio eine Bewegung, während die übrige Körperwahrnehmung, Bewegungslosigkeit der Perzipierenden feststellt.
Anhand mehrerer folgender Werkbeispiele werden unterschiedliche künstlerische Herangehensweisen erörtert, bei denen der Körperbezug der Rezipierenden essentiell für die Werkrezeption ist:
Szenario # 1: Ich stehe auf dem Schlossplatz in Stuttgart und erhalte eine Virtual Reality Brille. Ich ziehe sie auf und erkenne denselben Ort, an dem ich stehe. Ich sehe, wie ich langsam und wie schwerelos in Richtung des Himmels über mir entschwebe. Menschen, die gerade noch neben mir standen, werden unter mir von Sekunde zu Sekunde kleiner. Ich sehe mich um und erkenne schon bald die Dächer der Häuser um den Schlossplatz, daraufhin den Umriss Stuttgarts. Immer höher steige ich, bis ich die Wolken erreiche. Über mir schwebt ein großer, vergoldeter Luftballon mit dem Durchmesser mehrerer Meter. Details auf der Erdoberfläche unter mir verschwinden. Als ich gerade die Erdatmosphäre zu verlassen scheine und mich dem dunklen Weltall annähere, zerplatzt der Luftballon über mir. Rasend stürze ich einige Minuten zur Erde zurück, bis ich in einer Wiese zwischen Grashalmen neben Ameisen lande.[2]
Bei diesem künstlerischen Werk handelt es sich um Logics of Gold (2018) der Künstlerin Marie Lienhard. Auffallend ist, dass die 360°-Kamera, die im Zentrum des dokumentierten Panoramas liegt, nicht selbst Teil der Ansicht ist. Ihre Linsen sind üblicherweise gegenüberliegend montiert und liefern dadurch zwei oder mehr Bildflächen, die in der Postproduktion zu einem Gesamtbild in 360° zusammengefügt werden. Der Körperbezug zur Wiedergabe der Virtual Reality ist gegeben, da die Nutzer:innen den Standpunkt der Kamera zum Zeitpunkt des Starts einnehmen, von dem aus sie sich in alle Richtungen frei umsehen können.
1. Der Vergleich zu Bruce Naumans (*1941) Bildproduktion
Bereits die künstlerische Bildproduktion des 20. Jahrhunderts setzte die Überlagerung des digitalen und des analogen Bildraums unter Verwendung von weit weniger ausgereiften technischen Mitteln als Basis ihrer Werkprozesse ein, mit beeindruckenden Ergebnissen. Diese Entwicklung begann damit, dass
Künstler:innen, wie Bruce Nauman oder Dan Graham, die Videokamera in die eigenen Hände nahmen und sich bspw. im Atelier filmten, indem sie die Kamera auf ein Stativ vor sich stellten. Gleichzeitig veränderte sich dadurch der Status des aufgenommenen Bildmaterials: Was zuvor lediglich als Dokumentation eines vergänglichen künstlerischen Moments galt, wurde durch die Bildkomposition und das künstlerische Konzept zu einem eigenständigen Kunstwerk. In Dance or Exercise on the Perimeter of a Square (Square Dance 1967-1968) z. B. bewegte sich Bruce Nauman unaufhörlich von einer Ecke eines mit Klebeband markierten Quadrats auf dem Boden zu den weiteren. Die Kamera war ungefähr auf Kopfhöhe des Künstlers und damit in der potentiellen Rezipierenden-Perspektive installiert. Die Darstellung schaukelte ein wenig hoch und herunter, nahezu im Takt des lauten Klopfens eines Metronoms im Hintergrund, nach dem auch der Künstler seine Bewegungen ausrichtete. Die Oberkante des Bildrahmens orientierte sich ungefähr an seiner Körpergröße, die Unterkante an der Unterseite des aufgeklebten Quadrats. Anhand der Größe des Künstlers konnten Rezipierende die Ausmaße des Quadrats sowie des gesamten Raumes abschätzen und nachvollziehen. Dennoch blieben sie als reine Beobachtende von der privat anmutenden Situation ausgeschlossen. Das produzierte Video wird in Ausstellungssituation üblicherweise auf einem Schwarz-Weiß-Monitor wiedergegeben, wobei dieser als Rahmung des Bildausschnitts fungiert und zusätzliche Distanz zwischen Ausstellungsbesuchenden und der abgebildeten Situation erzeugt.
Die bis dato übliche Bildrezeption stellte Nauman mit seinen darauffolgenden Corridor-Installations infrage, als sein Körper in den Live-Taped Video Corridors (1969-79) aus dem Kunstwerk verschwand und an seine Stelle derjenige der Ausstellungsbesuchenden trat. Damit wurden die Nutzer:innen zu den Protagonist:innen des künstlerischen Werks (vgl.: LÜTHY 2001: 247). Nauman konstruierte dafür einen zehn Meter langen und 50 cm breiten Korridor[3], der die Bewegungsfreiheit der Rezipierenden bei Betreten auf die Längenachse des Raumes einschränkte.
In den Korridor wurden sie mithilfe zweier, aufeinander gestapelter Monitore gelockt, auf denen derselbe Raum zu sehen war, in welchem sie auf und ab liefen. Während der untere Fernseher eine frühere Videoaufzeichnung ausstrahlte, auf der der Korridor immer leer war, zeigte der obere eine Live-Übertragung einer Überwachungskamera, die in drei Metern Höhe am Eingang des Ganges installiert war (vgl.: ebd.). Mithilfe der Installation konnten sich die Nutzer:innen dabei beobachten, wie sie das Kunstwerk erkundeten. Die persönliche Schrittlänge wurde durch die erhöhte Position der Kamera zum Referenzwert der Längenachse im Raum. Sie wurden Versuchskaninchen einer klaustrophobisch anmutenden, künstlerischen Versuchsanordnung, die an Studien der Verhaltensforschung des 20. Jahrhunderts erinnert (vgl.: ILES 2000: 254). Die Medienwissenschaftlerin Margaret Morse beschreibt ihre Erfahrung mit dieser Installation folgendermaßen: „To me it was as if I [sic!] my body had come unglued from my own image, as if the ground of my orientation in space were pulled out from under me.“ (MORSE 1990: 153) Verließen die Rezipient:innen das Sichtfeld der Überwachungskamera und war der Korridor ansonsten leer, schien sich das obere Bild des Monitors an das untere zu einem Standbild anzugleichen (vgl.: LÜTHY 2001: 247).
Die Selbstreflexion der Nutzer:innen, ausgelöst durch das Betreten des Naumanschen Korridors, wurde durch einen relativ kleinen Monitor am Ende des Ganges hervorgerufen, nicht durch ein raumumspannendes Panorama wie in Szenario # 1. Die Bewegungsfreiheit der Besucher:innen während der Werkrezeption beschränkte sich daher auf die Distanz zwischen der Überwachungskamera und dem Bildschirm. Dennoch spielte der Körperbezug der Rezipierenden in beiden Werken eine wesentliche Rolle, denn erst dadurch führte die Perzeption von Monitor im Korridor und HMD in Szenario # 1 zur individuellen Untersuchung des eigenen Standorts im Werk. Nauman erzeugte
Irritation, indem die Körperwahrnehmung aufgrund der in der Vogelperspektive und hinter den Nutzer:innen angebrachten Überwachungskamera mithilfe des Videobildes das Gegenteil der tatsächlichen Bewegung im Raum suggerierte: Sie näherten sich der sichtbaren Videoschnittstelle und entfernten sich gleichzeitig von sich selbst, wurden kleiner statt größer. Lienhard dagegen evozierte ein Staunen der Beobachter:innen, indem der dargestellte Abflug völlig neue räumliche Perspektiven aufzeigte.
Um den Unterschied der jeweiligen Werkrezeptionen deutlicher akzentuieren zu können, muss auf die technischen Eigenschaften der Virtual Reality Brillen eingegangen werden: HMDs sind mit unterschiedlichem Funktionsumfang ausgestattet, die in sog. Freiheitsgraden (Dots of Freedom/DOF) gemessen werden. Der heutige technische Stand unterscheidet zwischen null, drei und sechs Freiheitsgraden. Je mehr Freiheitsgrade die Schnittstelle aufweist, desto immersiver wird das virtuelle Bild rezipiert, bzw. desto eher entsteht der Eindruck für Betrachter:innen, eine virtuelle Welt nicht nur beobachten, sondern ebenso betreten, begehen und Objekte sowie Gegenstände darin manipulieren zu können. Dies entspricht der Wahrnehmung einer „lebendigen Umgebung“ (Grau 2004: 7). Die Freiheitsgrade beziehen sich auf die Bewegungsfreiheit im Zusammenhang von Raumachsen: Ein Freiheitsgrad von Null steht für sog. Videobrillen, die lediglich Displays ohne jegliche Bewegungssensoren aufweisen. Körperbewegungen der Nutzer:innen haben daher keinerlei Einfluss auf die Rezeption. Bei drei Freiheitsgraden (3 DOF) können sich die Rezipierenden mithilfe ihrer Kopfbewegungen wie im Beispiel von Szenario # 1 frei in der 360°-Aufnahme umsehen. Verantwortlich ist dafür das Motion Tracking als technischer Bestandteil der Virtual Reality Brille, welches die individuellen Kopfbewegungen der geometrischen Raumachsen oben/unten, rechts/links und vorne/hinten verfolgt. Dadurch sind die Teilnehmenden in der Lage, sich frei in der Panorama-Darstellung umzusehen. Auf diese Weise eingesetzt, schließt die Virtual Reality Brille die audiovisuelle Wahrnehmung des analogen Raumes hinter der HMD weitgehend aus, wodurch die Zuschauer:innen ihrer tatsächlichen Umwelt gegenüber blind und ggf. taub werden.
Virtual Reality Brillen mit sechs Freiheitsgraden (6 DOF) erlauben ein Motion Tracking, das nicht nur die Kopfbewegungen, sondern zusätzlich die Bewegungen des gesamten Körpers erfasst. Das ermöglicht den Nutzer:innen nicht nur ein umfassendes Panorama zu beobachten, sondern sich ebenso darin zu bewegen und auf dargestellte Objekte und Gegenstände einzuwirken. Üblicherweise wird die analoge Umgebung durch die Schnittstelle gescannt und teilweise in das digitale Bild eingefügt, auch um ein versehentliches Stolpern der Rezipierenden zu verhindern.[4] Diese Bildrezeption erlaubt die Erfahrung einer „lebendigen Umgebung“ (Grau 2004: 7), weil die Schnittstelle zwischen dem analogen und dem digitalen Raum beide zu verschmelzen und gleichzeitig selbst zu verschwinden scheint: Wände, Architektur und vorhandene Objekte, die berührt und manipuliert werden, können sowohl digital als auch analog vorhanden sein.[5]
Wichtig für die künstlerische Werkproduktion ist der Möglichkeitsraum zwischen 3 DOF auf der einen Seite und 6 DOF auf der anderen Seite. Denn es erlaubt den Kunstproduzent:innen, weniger technisch aufwendige und weitaus pflegeleichtere sowie kostengünstigere Schnittstellen für die Kunstproduktion zu verwenden, deren Verwendungszweck jedoch weitestgehend auszureizen.[6] Wenngleich 6 DOF deutlich höhere Bewegungs- und Manipulationsoptionen im digitalen Raum aufweisen, können bereits 3 DOF unter bestimmten Umständen einen ähnlichen Effekt der Bildrezeption bereithalten. Denn das bloße Abbild eines Ortes wird bei der Überlagerung des analogen und des digitalen Raumes um die körperliche Präsenz der Rezipierenden und deren Sinneswahrnehmungen in Bezug zum tatsächlichen Raum ergänzt und daraufhin erweitert. In Szenario # 1 war dies der Schlossplatz in Stuttgart, der sowohl analog als auch digital zu sehen war. Der Ort bildete den Ausgangspunkt der Bildrezeption, woraufhin das immersive Gefühl des Entschwebens verstärkt wurde. Denn die Rezipierenden starteten nicht irgendwo, sondern dort, wo sie eben noch standen. Sie lösten sich langsam und gemächlich von der Darstellung des Erdbodens, woraufhin sich die individuelle Körperwahrnehmung an die digitale anpassen konnte.
2. Evolution der technischen Aufnahmegeräte und die Folgen für die Rezeption
Die Virtual Reality Brille löste im Gegensatz zu Bruce Naumans Live-Taped Video Corridor die Distanz zwischen Selbstwahrnehmung und Bildrezeption auf, denn das Display stand nicht am Ende eines Korridors, sondern lag direkt vor den Augen der Rezipierenden. Dafür waren die technischen Eigenschaften der Aufnahmegeräte verantwortlich: Bruce Nauman stand eine Videokamera mit nur einer nach vorne gerichteten Linse zur Verfügung. Sie lieferte der menschlichen Blickrichtung entsprechend einen Ausschnitt, der sich wie das architektonische Element des Korridors linear und damit auf der geometrischen Längenachse bewegte. Für Naumans künstlerische Zwecke war dies vollkommen ausreichend und zudem notwendig, um die klaustrophobische Atmosphäre der Installation herzustellen. Die Kameralinse korrespondierte mit den Raummaßen und die angelegte Architektur sorgte dafür, dass die Nutzer:innen während der Selbstbeobachtung den (Bild-)Raum nur in eine einzige Richtung verlassen konnten.
Um Bildmaterial für die Virtual Reality zu generieren, werden jedoch Kameras verwendet, die mindestens zwei Linsen auf jeweils gegenüberliegenden Seiten einer Kamera aufweisen.[7] Den Nutzer:innen wird ein gewisses Maß an Autor:innenschaft zugestanden, indem der künstlerische Vorauswahlprozess des Bildausschnitts entfällt: Da der oder die Künstler:in nur noch den Standort der 360°-Kamera auswählt und die Auswahl von Bildausschnitten durch die umfassende Perspektive entfällt, können die Zuschauer:innen mithilfe des Motion Trackings der Virtual Reality Brille den gewünschten Bildausschnitt durch Kopfbewegungen selbst auswählen. Dies kann sogar zur Folge haben, dass sie das eigentliche Ziel der Bildproduktion, das künstlerische Werk, verpassen, wenn sie zum falschen Zeitpunkt in die falsche Richtung sehen. Ohne Aufmerksamkeitslenkung in der Virtual Reality, etwa in Form der Bildrahmung mithilfe eines Monitors, gewinnt der Hintergrund der Videoaufzeichnung enorm an Relevanz für die Betrachtung, wie am Beispiel einer Eröffnungssituation im Rahmen einer Ausstellung beispielhaft beschrieben werden soll:
Eine Performance im Ausstellungsraum wird zum Zeitpunkt der Vernissage mithilfe einer 360°-Kamera dokumentiert. Das produzierte Bildmaterial, das im Anschluss an diese Veranstaltung in der Virtual Reality Brille begutachtet werden kann, zeigt neben der performativen Handlung auch die zusehenden Besucher:innen. An ihren Gesichtern lassen sich die individuellen Reaktionen auf die künstlerische Handlung ablesen.
Die Nutzer:innen tauchen in die Atmosphäre der Eröffnungssituation ein. Sie können die Besucher:innen der Vernissage begutachten, ihnen in die Augen sehen, ohne selbst gesehen zu werden. Die Reaktionen der abgebildeten
Beobachter:innen lassen indirekt wiederum Rückschlüsse auf die zum Zeitpunkt der Vernissage ausgeführten Performance zu. Ein erstauntes oder überraschtes Publikum z. B. erzeugt zusätzliche atmosphärische Spannung, wohingegen sich augenscheinlich gelangweilte Zusehende negativ auf die Beurteilung der gefilmten Performance auswirken können. All diese scheinbaren Nebenaspekte werden mithilfe der HMD ins Zentrum der Werkrezeption gerückt und erhalten dadurch gleichwertige Aufmerksamkeit. Die hermetische Abriegelung der Virtual Reality Brille kehrt sich bei dieser Art von Kunstproduktion um: In Naumans Korridor wurde die Bewegungsfreiheit – oder in den Termini der Virtual Reality: räumliche Freiheitsgrade – der Nutzer:innen auf nur eine Bewegungsachse eingeschränkt, um den Blick auf die Monitore und den Fokus auf die Selbstwahrnehmung zu lenken sowie die übrige Umwelt auszublenden. In der Rezeption der Virtual Reality öffnet sich dagegen die Nutzer:innenperspektive in alle Richtungen. Sowohl in Lienhards als auch in Naumans Werk vollzieht sich dabei eine Vernetzung des Orts der Aufnahme und der Rezeption, jedoch auf Grundlage verschiedener technischer Voraussetzungen. Mithilfe der Soziologie lässt es sich dieser Art der Vernetzung annähern:
„Durch Verinselung und den Umgang mit neuen Medien wird Raum nun nicht länger nur als kontinuierlich umgebender, sondern auch als flüchtiger, vernetzter und immaterieller erlebt. Es entsteht […] neben der Vorstellung des umgebenden Raums die Vorstellung des vernetzten Raums.“ (LÖW 2019: 112)
Die Soziologin Martina Löw beschreibt damit eine Alltagswahrnehmung von Räumen, die nicht mehr in Form konzentrischer Kreise denkt, die immer größer werden (wie z. B.: Bett, Schlafzimmer, Wohnung, Haus, Viertel, Stadt, Bundesland, Land, etc.), sondern verschiedene Orte miteinander vernetzt. Diese Vernetzung kann unterschiedlich ausfallen, u. a. mithilfe digitaler Medien, wie die sog. Sozialen Medien, die eine unmittelbare weltweite Kommunikation erlauben. Große Strecken werden mühelos in kurzer Zeit zurückgelegt. In Naumans Werk führte die Vernetzung von physischer Selbstwahrnehmung und digitaler Selbstbeobachtung auf dem Monitor zur beschriebenen paradoxen Erfahrung der Nutzer:innen. Die physische Anwesenheit der Rezipierenden war die Grundlage dieser Erfahrung, die der Künstler mithilfe der erhöht platzierten Überwachungskamera in das Werk einführte, wodurch die Werkrezeption unauflöslich mit der Selbstreflexion verbunden wurde. Die Einschränkung der räumlichen Freiheitsgrade auf nur eine Längenachse führte dabei zur Irritation der Rezipient:innen, wohingegen die Nutzer:innen von Marie Lienhards HMDs in Staunen versetzt wurden, gerade weil die räumlichen Freiheitsgrade visuell bis in die Stratosphäre erweitert wurden. Dieses Staunen wurde ausgelöst, weil sich weitere räumliche Ebenen mit dem Ort der Aufnahme und der Rezeption vernetzten: Einerseits nahmen die Rezipierenden anstelle einer Selbstbeobachtung in Distanz, wie auf dem Naumanschen Monitor zu sehen war, selbst Ort und Stelle sowohl des Aufnahme- als auch des Wiedergabegeräts ein. Andererseits wurde ihnen eine Perspektive eröffnet, die sich kilometerweit direkt über ihren Köpfen abspielte. Die Erfahrung der Dissoziierung von Selbstwahrnehmung und Selbstbeobachtung in Naumans Werk wandelte sich mithilfe der HMD in Stuttgart in einen enorm erweiterten Erfahrungsraum, dessen Ausgangspunkt der eigene Standort im Stuttgarter Stadtraum war.
3. Dan Grahams Present Continuous Past(s) (1974) im Vergleich zur Wahrnehmung von Zeit und Raum in der Virtual Reality
Neben den bisher beschriebenen drei Raumdimensionen erlauben technische Lösungen im Werkprozess der Kunstproduktion darüber hinaus, die vierte Dimension der Zeitwahrnehmung erfahrbar und sichtbar werden zu lassen. Dies war bereits Inhalt der Kunstproduktion des 20. Jahrhunderts, wie an einem Werk des amerikanischen Künstlers Dan Graham (1942 – 2022) erläutert und anschließend mit der Anwendung der Virtual Reality verglichen werden soll. Dan Graham nahm die umgekehrte Richtung Bruce Naumans, indem er die Bildrezeption in seiner Installation Present Continuous Past(s) zu einer umfassenden (Bild-)Raumansicht erweiterte.[8] Betraten die Besucher:innen den kleinen Ausstellungsraum im Anschluss an einen kurzen Korridor, fanden sie vor und links von sich jeweils eine verspiegelte Wand vor. Rechts von ihnen befand sich mittig der eingebaute Monitor, ungefähr auf Sichthöhe der Besucher:innen. Direkt darüber war eine Kamera installiert, deren Bild mit einer Verzögerung von acht Sekunden auf dem Bildschirm wiedergegeben wurde. Standen keine Beobachter:innen direkt vor der Kamera, dann filmte sie die gegenüberliegende Spiegelung des Monitors, der daraufhin ein Bild im Bild mit einer Verzögerung von insgesamt 16 Sekunden zeigte. Die Standorte der Betrachter:innen im Raum hatten folglich Einfluss darauf, wie viele ihrer Spiegelungen auf dem Bildschirm zu sehen waren: Rezipierende sahen sich entweder unmittelbar in den Reflexionen der Spiegel, doppelt mit acht Sekunden Verzögerung auf dem Monitor oder vierfach mit insgesamt 16 Sekunden Verzögerung. Die Installation verband auf diese Weise mehrere Zeitebenen. Anstelle der klaustrophobischen Atmosphäre in Naumans Korridor trat in Grahams Installation eine Öffnung des Raumes auf eine weitere Raum- sowie Zeitachse.
Auch bei Graham war die lineare Perspektive der Überwachungskamera technisch bedingt ausschlaggebend für die Werkrezeption, jedoch konnten die Nutzer:innen rechts und links davon ausweichen. Die Erweiterung der räumlichen Freiheitsgrade zu einer Fläche erzeugte anstelle der klaustrophobischen Anmutung des Naumanschen Korridors eine eher spielerische Situation: Die Rezipierenden waren der Kamera während der Werkrezeption nicht mehr ausgeliefert, sondern konnten selbst entscheiden, ob und wann sie in deren Wirkungskreis eintauchten oder diesen mieden. Indem sie bis zu dreimal auf dem Monitor erschienen, wurde die Überlagerung des Orts der Rezeption und der Aufnahme zusätzlich auf drei verschiedenen Zeitebenen sichtbar.
Diese weitere Ebene kann als zusätzliches Bindeglied zwischen der Rezeption des digitalen und des analogen Raums fungieren und in diesem Zusammenhang die digitale Bildwahrnehmung sowohl mit der Interozeption als auch der Exterozeption in Einklang bringen. Zum besseren Verständnis soll ein weiteres Szenario angeführt werden:
Szenario # 2: Ich betrete den großen, leeren Raum des Kunstvereins in Pforzheim, in dessen Zentrum eine Virtual Reality Brille an einem Stahlseil von der Decke hängt. Ich nähere mich dem technischen Gerät und ziehe es auf. Vor die Augen gesetzt, springen die beiden, kleinen Bildschirme an und ich erkenne denselben Raum – sogar denselben Ort – an dem ich stehe. Exponate im üblichen Sinne sind keine zu erkennen. Allerdings stehen in einem Kreis Menschen in einem weißen Hemd, grauer Hose und anthrazitfarbenen Schuhen in unterschiedlichen Abständen um mich herum, lächeln mich an und winken. Kontinuierlich rufen sie die Begrüßung „HALLO!“ aus. Einige stehen weit entfernt an den Rändern des Raumes, andere direkt hinter mir. Als ich mich umsehe, bemerke ich, dass alle Personen ein und dieselbe sind. (Abb. 1)
Bei diesem Werk handelt es sich um eine Performance, die 2023 im Kunstverein Pforzheim eigens für die Darstellung in Virtual Reality konzipiert und ausgeführt wurde. Die technische Schnittstelle der Virtual Reality Brille erlaubt es dem Akteur, an vielen Orten im Ausstellungsraum gleichzeitig audiovisuell präsent zu sein. Der Zeitpunkt der Rezeption sowie derjenige der Aufzeichnung überlagern sich an demselben Standpunkt. Die Überlagerung der Räume bei gleichzeitiger Ausdehnung auf die Zeitdimension hat zur Folge, dass sich die Körperwahrnehmung mit der digitalen weitgehend im Einklang befindet und die Gefahr von Schwindel minimiert ist: Exterozeption und Interozeption entsprechen der digitalen Rezeption, indem die digitale Abbildung des Raumes in der HMD und die analoge dahinter vom Standpunkt der Nutzer:innen aus übereinstimmen. Denn ziehen die Nutzer:innen die HMD auf ihren Kopf, sehen sie vor sich dieselbe Raumstelle wiedergegeben, die sich tatsächlich hinter der HMD befindet.
An die Stelle des architektonischen Versperrens von Bewegungsradien und räumlichen Freiheitsgraden in den Werkbeispielen aus dem 20. Jahrhundert, die aufgrund der Überwachungskameras mit linearer Ausrichtung unerlässlich waren, tritt in diesem Beispiel mithilfe der Virtual Reality die räumliche Öffnung. Der Ausstellungsraum als abgeschlossener „Container“[9] oder Behälterraum, der sowohl in Naumans Korridor als auch in Grahams Installation die Bewegungsfreiheiten der Nutzer:innen einschränkte, wird abgelöst durch die Wahrnehmung eines umfassenden, künstlerischen „Feldes“ auf welchem der Künstler auf unzähligen Standpunkten zur selben Zeit präsent sein kann.
Gleichzeitig stehen die Nutzer:innen im Zentrum einerseits des Panoramas und andererseits der Aufmerksamkeit: Anders als z. B. in Marcel Duchamps Fotografisches Selbstbildnis an einem Tisch (1914), in welchem der Künstler in fünffacher Ausführung sich selbst zugewandt an einem Tisch sitzt und Pfeife raucht, (vgl. Pfisterer/Rosen 2005: 22) blickt die digitale Darstellung des Akteurs in Szenario # 2 in die Augen der Rezipierenden, da ihr Blick den Standort der Kameraaugen einnimmt. Sie sind folglich das Ziel des Winkens sowie der begrüßenden Rufe und damit unmittelbar angesprochen.
Die dargestellten Szenarien deuten eine Kunstproduktion an, die im Gegensatz zu gewissen Entertainment-Inhalten der Virtual Reality – wie z. B. digital rezipierbare Achterbahnfahrten, in der die Teilnehmenden in Sekundenschnelle von Ort zu Ort katapultiert werden – auf eine Bildrezeption zielen, die gezielt zu verhindern sucht, das individuelle Körpergefühl der Nutzer:innen von der digitalen Bildrezeption zu dissoziieren. Ganz im Gegenteil zeigen sie, wie sowohl die Interozeption als auch die Exterozeption in künstlerischen Werken in Einklang mit der digitalen Bildwahrnehmung stehen können, indem sie gezielt konzeptuell in die Kunstproduktion und Werkrezeption integriert werden. Je deutlicher diese Übereinstimmung erfolgt, desto selbstbestimmter wird die digitale Bildrezeption erfahren, da die körperliche Wahrnehmung mit dem rezipierten Panorama zusammenfällt. Ohne Schwindelgefühle intensiviert sich das Eintauchen in die Darstellung der HMD. Je fremdgesteuerter dagegen die Bildrezeption erfolgt – indem bspw. körperliche Abstoßungserscheinungen wie insbesondere Schwindel hervorgerufen werden – desto eher dissoziiert das individuelle Körpergefühl mit demjenigen der digitalen Wiedergabe und desto eher fühlen sich die Nutzer:innen vom digitalen Panorama abgestoßen.
Die Folge dessen ist darüber hinaus: Je eher das Körpergefühl sowohl der Interozeption als auch der Exterozeption in den Szenarien mit der digitalen Perzeption auf Grundlage der Vernetzung von Aufnahme- und Rezeptionsort übereinstimmt, desto eher sind die Werke an die Orte der Bildproduktion gebunden. Denn während die Korridore Bruce Naumans und die Installation Dan Grahams prinzipiell vielerorts mit gleichbleibendem Ergebnis ausgeführt werden können, entsteht der dargestellte Effekt der Virtual Reality in Szenario # 1 und # 2 ausschließlich dann, wenn die Werke dort ausgeführt und rezipiert werden, wo sie produziert wurden. Trotz des ephemeren Charakters des Digitalen zeigt sich hier eine enge Verflechtung von Raum und Zeit.
Abbildung 1: Pfeffel, Simon: Begrüßung. Performance und 360°-Virtual Reality-Video, 2023
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Wilhelmer, Lars: Transit-Orte in der Literatur. Eisenbahn – Hotel – Hafen – Flughafen. Bielefeld [Transcript] 2015
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Pfeffel, Simon: Begrüßung. Performance und 360°-Virtual Reality-Video im Rahmen der Ausstellung Körperkontakte im Kunstverein Pforzheim, 2023. Courtesy/Copyright: Galerie Burster, Berlin.
Fussnoten
1 Die Gestalttheorie geht davon aus, dass der Hintergrund während des Fokussierens von Objekten und Personen verschwindet: „Der Hintergrund entwindet sich der Beschreibbarkeit, erscheint anschaulich passiv, ein bloßer Schauplatz ohne Eigenschaften.“ (Bischof 2014: 389). Der Psychologe Norbert Bischof gibt mit dem Begriff des „Hintergrunds“ die Grundlagen der Gestalttheorie wieder, indem er zu seinen vorhergehenden Erörterungen ergänzt, „dass zur Phänomenologie des Hintergrundes eigentlich nur negative Aussagen gemacht wurden. Es sind die Figuren, die ins Auge springen, die für sich Konturen in Anspruch nehmen und daher auch Form, Physiognomie und Individualität besitzen.“ (Ebd.)
2 Vgl. Lienhard, Marie: Logics of Gold. In: Website der Künstlerin, 2018. http://marie-lienhard.com/logics-of-gold/ (13.08.2023)
3 Nauman, Bruce: Live-Taped Video Corridor. In: Medienkunstnetz, 2004. http://www.medienkunstnetz.de/werke/live-taped-video-corridor/ (19.08.2023)
4 Diese Funktion wird auch als „passthrough“ beschrieben: „Beim passthrough handelt es sich ursprünglich um eine Sicherheitsfunktion von VR-Brillen. Diese soll den Nutzer*innen ermöglichen, zwischen der Sicht in die virtuelle Welt und der undeutlichen Schwarz-Weiß-Durchsicht auf die wirkliche Umgebung wechseln zu können, um ungewünschte Kollisionen zu vermeiden oder den flüssigen Übergang zwischen Hier und Da, Alltag und Außergewöhnlichem zu erlauben.“ (Urban/Reich/Van Der Veen 2023: 87)
5 Pamel C. Scorzin beschreibt die ausgereifteste Form dieser technischen Lösung unter dem Titel der „Augmented Virtuality“ als „die Anreicherung und Ergänzung einer VR-Inszenierung durch physische Gegenstände und Requisiten mit potenziell sensorischem Feedback. Solche Komponenten treten ebenfalls in zeitgenössischen Medieninstallationen auf und fungieren hier als thematische Übergänge und (selbsterklärendes) Interfacedesign: etwa virtuelle Artefakte, die in eine wirkliche Umgebung eingeblendet werden, über reale Objekte, die in eine virtuelle Welt projiziert werden, bis hin zu einer vollständig virtuellen (360-Grad-)Umgebung mit Interaktionsschnittstellen für das Publikum.“ (Scorzin 2023: 54)
6 Die Erfahrung als praktizierender Künstler zeigt, dass nur sehr wenige Ausstellungshäuser und insbesondere größere, national und international, mit Personal ausgestattet sind, die mit ausgereifteren technischen Lösungen umgehen können. Ist dies nicht der Fall, so sind die technischen Geräte während einer längeren Ausstellungsdauer üblicherweise ausgeschaltet oder funktionsuntüchtig. Umso simpler die technische Lösung ist, desto eher kann diese ausgestellt werden.
7 Vgl. z. B. folgenden 360°-Kamera-Typ der Marke GoPro: https: //gopro.com/de/de/shop/cameras/max/CHDHZ-202-master.html (18.08.2023)
8 Raham, Dan: Present Continuous Past(s). In: Medienkunstnetz, 2004. http://www.medienkunstnetz.de/works/present-continuous-pasts/ (20.07.2023)
9 Die Soziologin Martina Löw beschreibt die euklidische Wahrnehmung, dass Räume als unveränderlich wahrgenommen werden, als eine „absolutistische Raumvorstellung“: „Einstein hat diese Raumvorstellung mit der Kurzformel ‚container‘ […] verbildlicht, was in der deutschen Rezeption mit ‚Behälterraum‘ übersetzt wird.” (LÖW 2019: 24)
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Citation
Simon Pfeffel: Die Schnittstelle der Virtual Reality und ihr Körper- und Raumbezug im Zusammenhang der Bildrezeption. In: IMAGE. Zeitschrift für interdisziplinäre Bildwissenschaft, Band 39, 20. Jg., (1)2024, S. 171-185
ISSN
1614-0885
DOI
10.1453/1614-0885-1-2024-16227
First published online
März/2024