Von Joachim Paech
In dem Film von Barry Levinson Wag the Dog (1997) wird eine Sexaffaire des amerikanischen Präsidenten kurz vor dessen Wiederwahl durch einen Krieg, der im Fernsehen inszeniert wird, verdeckt, unsichtbar gemacht. Weil das Fernsehen die Wirklichkeit zeigt, ist auch dieser Krieg, den es nur im Fernsehen gibt, wirklich. Der Film zeigt auch, wie die Bilder der Wirklichkeit eines abgebildeten Krieges im Fernsehstudio durch die Komposition unterschiedlicher szenischer, Bild- und Tonelemente hergestellt wurden. Am Ende gibt es keine Bilder mehr, sondern nur noch den Blick auf eine vom Fernsehen vermittelte (vermeintliche) Realität. Dieses Verfahren, für das es inzwischen den Begriff ›alternative Wirklichkeiten‹ gibt, beruht auf dem unerschütterlichen Glauben, dass (fotografische, sogar digitale) Bilder unmittelbar Wirklichkeit abbilden. Die Tricks des traditionellen Kinos, in der Kamera ›alternative Wirklichkeiten‹ entstehen lassen, sind im bildersüchtigen digitalen Zeitalter auf den alltäglichen Umgang der sogenannten ›sozialen Medien‹ mit Bildern erweitert worden. Auf jedem Smartphone kann das aktuelle Kamerabild durch Bilder aus dem Internet ›erweitert‹ werden, um eine neue, scheinbar unmittelbar erlebte Realität zu komponieren. Oder es werden Bilder der Medien (zum Beispiel aus Fernsehserien) in der Realität für ihre Abbildung in den Smartphones inszeniert, wo sie als wirkliche Erlebnisse verwirklicht werden. Die Warnung vor den Bildern ist die vor einer abgebildeten Realität, die doch nur die Realität ihrer Bilder ist.
In Barry Levinson’s film Wag the Dog (1997), a sex affaire by the American president just before being re-elected is made invisible by a fictitious war staged on television. Because television shows reality, this war, which only exists on television monitors, becomes real. The film also shows how the images of the apparently reality of a pictured war were made in the television studio through the composition of different scenic, image and sound elements. In the end, there are no more pictures, but only the view on a (supposed) reality transmitted by television. This process, for which the term ›alternative realities‹ is being used, is based on the indestructible belief that (photographic, even digital) images directly represent reality. The tricks of traditional cinema to let alternative realities emerge in the camera have been expanded in the image-addicted digital age to the everyday practice of the so-called ›social media‹ with images. On any smartphone, the current camera image can be ›expanded‹ by images from the Internet to compose a new, seemingly immediately experienced reality (›augmented reality‹). Or images of the media (for example TV series) are staged in reality for their depiction in smartphones, where they are realized as true experiences. The warning of the images is the one of a pictured reality, which is actually only the reality of its images.