By Andreas Osterroth
Abstract
Digital fashions, especially ‘skins’, have developed into a central means of communication within virtual environments, especially in video games. In games, users not only design their avatars, but also convey their identities, status, and belonging via their selections. Based on examples extracted from video games, the historical development and significance of skins as a digital clothing practice will be analyzed. Additionally, economic aspects will be examined, such as the role of microtransactions, that lastingly shape the market for digital fashion. The paper further discusses theoretical concepts such as speech act theory, which are necessary to adequately analyze digital fashion as an extended semiotic resource.
Digitale Moden, insbesondere ‚Skins‘, haben sich zu einem zentralen Kommunikationsmittel in virtuellen Umgebungen wie z. B. in Videospielen entwickelt. In Spielen designen Nutzer*innen nicht nur ihre Avatare; sie kommunizieren damit auch Identitäten, Status und Zugehörigkeiten. Anhand von Beispielen aus Videospielen wird die historische Entwicklung und Bedeutung von Skins als digitale Kleidenspraktik analysiert. Zusätzlich werden wirtschaftliche Aspekte wie die Rolle von Mikrotransaktionen beleuchtet, die den Markt für digitale Mode nachhaltig prägen. Der Beitrag diskutiert zudem theoretische Konzepte, wie die Sprechakttheorie, die notwendig sind, um digitale Mode als erweiterte semiotische Ressource angemessen zu analysieren.
Einleitung
Die Untersuchung von Mode in Verbindung mit Videospielen stellt ein junges Forschungsfeld dar, welches zunehmend an Relevanz gewinnt. Die rasante Entwicklung innerhalb der Gaming-Industrie und die parallele Digitalisierung modischer Ausdrucksformen legen eine interdisziplinäre Betrachtung nahe, die sowohl kommunikationswissenschaftliche als auch kulturtheoretische Perspektiven integriert.
Ein Indiz für die Relevanz des Phänomens für die Forschung ist dessen ökonomische und soziale Bedeutung innerhalb der Gesellschaft. In den vergangenen Jahren ist zu beobachten, dass renommierte Luxusmarken vermehrt Kooperationen mit Videospielfirmen eingehen und spezifische Kollektionen für virtuelle Umgebungen entwerfen (vgl. English/Munroe 2022: 230). Prada kooperierte mit Riders Republic, Moschino mit The Sims, Balenciaga mit Fortnite, Nike mit League of Legends und Louis Vuitton mit Final Fantasy XIII (vgl. Reay/Wanick 2023: 74f.). Diese Kollaborationen zeigen, dass Markenbewusstsein längst Einzug in virtuelle Spielwelten gehalten hat. In digitalen Spielen fungiert Mode nicht nur als oberflächliches Designelement; sie wird zunehmend als soziales und identitätsstiftendes Ausdrucksmittel verstanden. Digitale Mode manifestiert sich dabei auf vielfältige Weise, etwa in Form von ‚Skins‘ für Waffen, Fahrzeuge oder die eigene Spielfigur. Im Fokus dieses Beitrags stehen derartige Avatar-Skins, also die digitale Kleidung, welche von der gespielten Figur getragen wird. Die Analyse konzentriert sich auf die kommunikativen Funktionen, die historische Entwicklung sowie die ökonomische Bedeutung, welche scheinbar mit einer Kommodifizierung virtueller Selbstdarstellung einhergeht. Zunächst soll der Untersuchungsgegenstand allerdings eingegrenzt werden.
1. Was sind ‚Skins‘?
Skins sind grafische Veränderungen an verschiedenen digitalen Objekten, wobei ein populäres Anwendungsgebiet die Veränderung des digitalen Avatars ist (vgl. Palomo-Lovinski 2008). Das kann von simplen Farbvariationen hin zu komplexen Veränderungen der Mode und auch der Physis einer Spielfigur reichen. Digitale Avatare prägen heute maßgeblich die Erfahrungen in virtuellen Welten. Sei es in den sozialen Medien am (Smartphone-)Bildschirm wie Facebook, oder in virtuellen Realitäten (VR) wie Horizon Worlds, ebenfalls ein System von Meta/Facebook, oder in Videospielen. Dabei spielt die visuelle Gestaltung der Avatare eine entscheidende Rolle, um Identität und Zugehörigkeit auszudrücken.
Möglich wird diese Form der digitalen Selbstdarstellung primär durch virtuelle Modifikationen, mit denen das Erscheinungsbild von Spielfiguren, Kleidung oder Ausrüstung individuell verändert werden kann (vgl. Boughlala/Smelik 2024). Solche Skins sind oft an monetäre Ausgaben gebunden, die über den eigentlichen Kaufpreis eines Spiels hinausgehen. Das Spiel Doom: The Dark Ages ist beispielsweise in einer Basisversion für etwa 80 € erhältlich. Der Erwerb zusätzlicher Inhalte, wie des sogenannten Divinity Skin Packs – drei besonders aufwändig gestaltete Rüstungen – ist mit weiteren Ausgaben verbunden.
Als Einstieg in die Thematik wird ein Beispiel analysiert. Fortnite, eines der heute erfolgreichsten Videospiele (vgl. Plarium 2025), bietet den Charakter ‚Jonesy‘ an, der allen Spielenden zu Beginn zur Verfügung gestellt wird. Das Spiel weist stilistische Elemente auf, die an eine jüngere Zielgruppe adressiert sind und an Comics oder animierte Filme erinnern. Jonesys Äußeres ist nicht vollständig festgelegt:

Abb. 1: Vergleich von Jonesy-Skins
Die erste Abbildung links illustriert eine kostenlose Variante. Anhand der Kleidung lässt sich eine militärisch anmutende Figur erkennen, welche mit der Ästhetik des 3rd-Person-Shooters Fortnite korrespondiert. ‚3rd-Person‘ bezieht sich hierbei auf die Sicht, die den Spielenden geboten wird. Bei einem Spiel aus der ‚dritten Person‘ sieht man die eigene Spielfigur beim Spielen fortwährend, was das Erscheinungsbild der Figur besonders relevant macht. Dieser erste Skin nennt sich ‚Default‘ (dt.: Standard), und steht allen Spielenden ab Spieleinstieg zur Verfügung. Rechts daneben sieht man einen Skin mit weihnachtlicher Gestaltung. Dieser kostet 800 sog. V-Bucks (‚V‘ für virtuell, ‚Bucks‘ als englische informelle Bezeichnung für Geld), was etwa acht Euro entspricht. Der dritte Skin verändert Jonesy nicht nur modisch, sondern auch in seiner körperlichen Verfassung, da er ihn an die Figur ‚Lebowski‘ aus dem Film The Big Lebowski anpasst. Neben der Popularität des Films weist dieser Skin auf mehreren Ebenen humoristische Elemente auf. Zum einen ist die Figur Lebowskis die Antithese eines Soldaten und damit thematisch potenziell unpassend zu einem Shooter wie Fortnite, was eine ironisierende Kontrastierung zum Spieltyp ‚Shooter‘ darstellt. Zum anderen wurde eine vergleichbare Referenz in dem Film Avengers: Endgame hergestellt, in welchem der Held Thor als Lebowski dargestellt wurde. Der Skin kostet 1200 V-Bucks, d. h. ca. elf Euro. Der vierte Skin verändert den Avatar noch umfangreicher, färbt seine Haut blau und kleidet Jonesy sportlich-militärisch in schwarzer Kleidung, mit futuristisch anmutenden, leuchtenden Hieroglyphen. Dieser Skin hat einen Preis von ca. 18€.
Anhand dieser Beispiele lassen sich die folgenden wichtigen Aspekte von Skins erkennen: zum einen bieten Skins mehr Möglichkeiten als physikalische Mode, da sie keine Rücksicht auf Herstellung oder Realisierbarkeit in der materiellen Welt nehmen müssen: Es spielt keine Rolle, wie die tragenden Personen genau aussehen. Der Körper Jonesys verändert sich passend zur Kleidung. Am Lebowski-Skin ist erkenntlich, dass er passend zur Rolle mehr Körpergewicht hat, im vierten Skin ist die Haut blau.
Fast 50 Prozent aller Spielenden haben bereits mindestens eine ‚Mikrotransaktion‘ in einem Videospiel getätigt, d. h. im Rahmen des Spiels ein virtuelles Objekt (mitunter auch Skins) erworben (Reza/Chu/Nedd 2022: 2). Dies zeigt, dass diese eine wichtige Einnahmequelle für die Videospiel-Industrie geworden sind (ebd.). Die Spielefirmen sind sich dessen bewusst, weshalb es etwa 2000 Skins in Fortnite gibt, welche zusammen insgesamt ca. 20.000 € kosten würden (vgl. Asmir 2023). Fortnite und ähnlichen Spielen scheint es zu gelingen, die modische Gestaltung digitaler Avatare als Bedürfnis in ihren Teilnehmenden zu evozieren. Ansätze und Vorläufer dieser Möglichkeit existieren schon länger in Videospielen, weshalb ein kurzer, historischer Überblick gegeben werden soll.
2. Historische Aspekte von Mode in Videospielen
Die Bedeutung von Skins in Fortnite geht zurück auf eine etwa 40-jährige Entwicklung von digitaler Mode in Videospielen. Zu Anfang dieser Entwicklung hatten Spielende keine variantenreichen modischen Entscheidungsmöglichkeiten. Damals spielte wie auch heute die Farbe eine tragende Rolle und bei der Wahl der Farbe handelt es sich um eine modische Entscheidung (vgl. Boero 2023: 6), welche maßgeblich vom gewünschten Ausdruck der Spielenden geprägt ist. Dies sei an einem Beispiel nachvollzogen:

Abb. 2: Bild 1: Doom (1993); Bild 2 und 3: Quake (1996)
Das linke Bild zeigt den Shooter Doom aus dem Jahr 1993. Im Einzelspielermodus trägt die Spielfigur immer grüne Kleidung. Im Mehrspielermodus hingegen werden die Farben der Spielfiguren automatisch anhand der Verbindungsreihenfolge vergeben: Die erste Person, die dem Spiel beitritt, erhält eine grüne Spielfigur, die zweite eine graue, die dritte eine braune und die vierte eine rote. Wenn die Spielenden eine bewusste Farbwahl treffen wollen, müssen sie darauf achten, in welcher Reihenfolge sie das Spiel starten. Dies liegt an den veralteten, technischen Systemen, die keine andere Möglichkeit der Farbauswahl boten. Heute sind solche Methoden nicht mehr nötig. Dies zeigt zwei wichtige Aspekte: Zum einen sind die modischen Ressourcen begrenzt, denn es gibt nur die Auswahl der Farbe. Zum anderen haben aber alle Spielenden die gleichen beschränkten Mittel zur Hand, um sich modisch auszudrücken.
Ein technischer Nachfolger von Doom ist das Spiel Quake (1996), welches Spieler*innen bereits vielfältige, jedoch weiterhin begrenzte Möglichkeiten der Individualisierung bietet. Hier kann zwischen insgesamt 14 verschiedenen Farben separat für den Ober- und Unterkörper gewählt werden. Es ist den Spielenden außerdem möglich, eigene ‚Texturen‘ für ihre Spielfiguren zu erstellen. Texturen sind Grafiken, die auf den 3D-Modellen der Spielfiguren angebracht werden. Es handelt sich dabei um Muster, Farben und Bilder, um verschiedene Arten von Kleidung darzustellen. Ermöglicht wird dies durch Editor-Software, die der Demo-Version des Spiels bereits beilag (vgl. Boughlala/Smelik 2024). Daraus entwickelte sich eine ganz eigene kreative Modding-Community, also eine Gemeinschaft aus Spielenden, die Veränderungen an Spielen in ihrer privaten Zeit und ohne Entgelt vornahmen (vgl. Kücklich 2005). Die sogenannten ‚Modder‘ bauten auf diese Weise eigene Skins für ihre Spielfiguren, um die Avatare wie berühmte Persönlichkeiten oder bekannte Figuren (z. B. Darth Vader aus Star Wars) aussehen zu lassen, was im Originalspiel nicht vorgesehen, technisch aber auch nicht restringiert war.
Viele Folgespiele, wie Quake 2 und Quake 3, erweiterten die Möglichkeiten der Personalisierung. Ein wichtiger Schritt war das Spiel Team Fortress 2, welches im Rahmen eines 2010 durchgeführten Updates seinen Spielenden sog. ‚Cosmetics‘ zur Verfügung stellte. Dabei handelt es sich um Accessoires wie z. B. Hüte, mit denen man seiner Individualität weiter Ausdruck verleihen kann. Auch in anderen Spielen verbreiteten sich Skins und damit modische Möglichkeiten immer weiter und wurden zunehmend monetarisiert. Während in Quake (1996) der Ausdruck ‚Skin‘ bereits für von Fans erstellten Charaktertexturen verwendet wurde, etablierten Spiele wie Fortnite (2017) den Verkauf solcher Skins als zentrales Geschäftsmodell (vgl. Boughlala/Smelik 2024). Skins können in heutigen Spielen mehrere hundert oder tausend Euro kosten und einige Spiele bieten separat zu den eigentlichen Örtlichkeiten des Spiels existierende Marktplätze, auf denen die Spielenden mit Skins handeln können.
Dieser historische Exkurs zeigt, dass Spieler*innen schon länger das Interesse und die Möglichkeit haben, in Videospielen modisch zu agieren. Vor dreißig Jahren geschah dies noch allein durch das Wählen von Farben, heute hat sich dieser Handlungsbereich bereits deutlich ausdifferenziert. Dies dient dem Unterscheiden der Spielfiguren, aber für Menschen ist „die individuelle Differenzierung, die Selbständigkeit, das Sichabheben von der Allgemeinheit“ (Simmel 1911: 32) in sozialen Kontexten relevant. Videospielfirmen wissen um dieses Bedürfnis der Individualisierung und monetarisieren es. Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Konkurrenz (vgl. Würtz/Eckert 1998: 178). Viele Personen haben den Wunsch, sich von anderen abzuheben und ihr Image zu erhalten (vgl. ebd.). In der analogen Welt, und ähnlich in der digitalen, „[unterscheiden sich] die Moden der höheren Schicht […] von denen der tieferen“ (Simmel 1911: 32). Die Skins von Spielenden, die geringe Ausgaben tätigen, weichen deutlich von jenen der Spielenden ab, die höhere Ausgaben auf sich nehmen. Die meisten User*innen sind sich dieses Phänomens bewusst, und es gibt innerhalb der Spiele und auf sozialen Medien einen Diskurs dazu, was zur Kreation und Zirkulation Memes dieser Art geführt hat:

Abb. 3: Default User vs. Paid User
Nutzende, die keine finanziellen Mittel in ein Spiel investieren, erscheinen häufig visuell unspektakulär oder schlicht ausgestattet, während zahlende Spielende durch den Erwerb zusätzlicher Skins über ein erweitertes Repertoire ästhetischer Ausdrucksformen verfügen. Bevor nun die kommunikativen Funktionen von Skins betrachtet werden, sei zunächst ein kurzer Überblick über die bisherige Forschung gegeben.
3. Ein Blick auf die Modewissenschaften
Laut Bordieu dient Kleidung grundsätzlich der „Selbstdarstellung und Repräsentation“ (1982: 299). Diese beiden Funktionen zeichnen sich vor allem durch den individuellen Einfluss der tragenden Person aus: „fashion, unlike tradition, requires free individual intervention, a singular and capricious power to disrupt the order of appearances“ (Lipovetsky 1994: 34). Dies gilt ebenso für digitale Kleidung wie Skins, die die Spielenden selbst für ihre Avatare in den meisten Fällen auswählen und miteinander kombinieren. Interessant ist in diesem Zusammenhang, Barthes’ Feststellung, dass die konkrete Beschaffenheit von Mode keine Rolle spielt: „it’s substance is essentially intelligible: it is not the object but the name that creates desire; it is not the dream but the meaning that sells“ (Barthes 1990: xii). Dies legt nahe, dass auch gängige Materialitäten nicht notwendig sind, sodass das Konzept ‚Mode‘ auf Skins übertragen werden kann. Heute liegen zentrale Erkenntnisse vor, die helfen können, die Bedeutung und Funktion von Skins in Videospielen besser zu verstehen: Zum einen existiert der Wunsch nach Differenzierung; zum anderen die Tatsache, dass in der Mode Klassenunterschiede erkennbar sind (vgl. Simmel 1992: 106).
2018 schreibt Makryniotis noch, dass der Fokus von Videospielen nicht auf Skins liege: “costume is not currently as central an aspect, and it does not usually enjoy as much attention, as other elements, such as settings, architecture, vehicles, and weapons” (Makryniotis 2018: 13). Heute scheinen Online-Spiele jedoch vermehrt Ressourcen in das Design von Skins fließen zu lassen. So hat die Firma Riot Games für ihr Spiel League of Legends ein eigenes Skin-Team aufgestellt, welches neben der Arbeit an den Skins auch in Artikeln auf der Website der Firma die Motivation hinter der Entstehung von Skins erläutert (vgl. Hylia et al. 2024). Die Existenz digitaler Mode hat dabei positive Aspekte, die sie von materieller Mode abheben. So ist digitale Mode körperlich inklusiv, da Spielende in Videospielen frei mit Genderrollen und Körpertypen experimentieren können (vgl. Reay/Wanick 2023: 87). Loker et al. weisen zudem darauf hin, dass digitale Kleidung nicht nur ästhetische, sondern auch ökonomische Dimensionen besitzt, da sie monetarisiert ist und potenziell Einfluss auf Prozesse der Identitätsbildung der Spielenden ausüben kann (vgl. Loker 2008).
Makryniotis erläutert in diesem Zusammenhang anhand verschiedener Videospiele die Rolle der digitalen Möglichkeiten von Dress und kommt zu dem Schluss, dass „digital dress“ (Makryniotis 2018: 16) sich vor allem durch Identität, Repräsentation und die Möglichkeit der kommerziellen Vermarktung auszeichnet (vgl. ebd.), also ähnlich wie in der nicht digitalen Mode. Auch Reay; Wanick merken an, dass die Zukunft von Mode in virtuellen Welten geprägt sein wird von „Selbstrepräsentation und Identität [übers.]“ (Reay/Wanick 2023: 79).
4. Second-Self
In den Sozialwissenschaften ist bekannt, dass „Menschen [reflektieren], wie sie auf Andere wirken“ (Würtz/Eckert 1998: 178). Während in der Face-to-Face-Kommunikation der Körper und der soziale Status fest an die physische Präsenz gebunden sind, eröffnet der digitale Raum die Möglichkeit, Identität gänzlich neu und kontingent zu konstruieren (vgl. Voirol 2010: 107). In der materiellen Welt bleibt modisches Handeln zumindest teilweise an den eigenen Körper gebunden. Zwar lässt sich das äußere Erscheinungsbild durch Kleidung, Accessoires oder Eingriffe verändern, doch stößt dies an physikalische Grenzen. Digitale Mode hingegen ist in ihrer Ausdruckskraft deutlich weniger eingeschränkt. Sie entkoppelt die visuelle Selbstinszenierung vom Körper und eröffnet damit erweiterte semiotische Freiheiten und eröffnet die Möglichkeit, ein „zweites Ich [übers.]“ (ebd.) zu inszenieren. Diese sind nur durch die Möglichkeiten der genutzten Videospiele restringiert oder durch die Bereitschaft, Geld für neue Skins auszugeben.
Man sollte diese digitalen Welten nicht als eine Art Probebühne betrachten (vgl. Pauldrach 2010: 20), auf der die digitale Identität von der vermeintlich authentischen Identität getrennt sei. Dieses Second Self ist mehr als eine Möglichkeit für Identitätsexperimente, weshalb eher von einem „Gesamtkonstrukt“ (ebd.) zu sprechen ist, das vielfältige Facetten integriert. So vereint man in seiner gesamten/übergeordneten identität viele Teilidentitäten und die Repräsentation in einem Videospiel ist auch eine davon: „identity is not located in the human body, in its clothing, in the computer, or in its avatar in the virtual world, but rather in all of these“ (Makryniotis 2018: 3). Um diese Identität zu konstruieren, werden Skins als semiotische Ressource genutzt.
5. Skins als semiotische Ressource
Die den Spielenden zur Verfügung stehenden Skins stellen eine Möglichkeit der Kommunikation dar. Um genauer zu sein, handelt es sich hierbei um eine Art von textiler Kommunikation, welche Mode als bedeutungstragendes Zeichensystem nutzt. Das Konzept der „textilen Kommunikation“ basiert auf dem Axiom von Watzlawick, das besagt, dass man „nicht nicht kommunizieren [kann]“ (Watzlawick/Beavin/Jackson 2011). Selbst wer sich keine Gedanken bei der Auswahl seiner Kleidung macht, kommuniziert dennoch. Ein Beispiel wäre das Tragen eines schlichten weißen T-Shirts. Auch wenn die tragende Person damit nichts Spezifisches kommunizieren möchte, können andere Personen bestimmte Absichten interpretieren, etwa das Ablehnen von Markenmode, den Wunsch nach Unauffälligkeit oder die Orientierung an einem minimalistischen Modetrend. Genauso kann Kleidung aber gezielt eingesetzt werden, um ein bestimmtes Modebewusstsein oder einen sozialen Status zu signalisieren. Das Tragen hochpreisiger Kleidungsstücke kann als Ausdruck ökonomischen Kapitals fungieren und unabhängig von der Intention der tragenden Person von anderen Menschen als performative Zurschaustellung materieller Ressourcen interpretiert werden. Die textile Kommunikation als eine Form von symbolischer Kommunikation ist vielschichtig: Ihre Interpretation variiert in Abhängigkeit von der jeweiligen sozialen Situation, dem kulturellen Kontext und individuell:
„Gerade das Modeverhalten als Form alltäglichen Handelns scheint vielfach gerade auf vage oder polyseme Kontexte ausgerichtet zu sein, was eine gezielte Mehrdeutigkeit und Kontingenz in der Selbstdarstellung ermöglicht“ (Würtz/Eckert 1998: 181).
Deutlich wird, dass Kleidung weit über ihre funktionale Dimension hinaus als Medium sozialer Bedeutungsvermittlung fungiert. Dies führt uns zu den Unterschieden von digitaler und materieller Mode.
6. Unterschiede von digitaler und materieller Mode
Ein bereits erläuterter Unterschied zwischen Mode in der materiellen Welt und in Videospielen ist die potenzielle körperliche Freiheit, da die Nutzer*innen nicht an ihren tatsächlichen Körper gebunden sind (vgl. Reay/Wanick 2023: 87). Wie im ersten Beispiel des Jonesy-Skins verändert sich der Körper der Spielfigur oft mit den gewählten Skins. Dennoch bleibt die Nutzung von digitaler Mode mit einigen Einschränkungen verbunden, die im Folgenden genauer erläutert werden.
In analogen Situationen ist es möglich, sich absichtlich unpassend zu kleiden und damit bestimmte Signale zu senden (vgl. Würtz/Eckert 1998: 184ff.). Wenn man mit weißer Kleidung auf eine Beerdigung geht, dann ist dies ungewöhnlich, salient und führt zur „Selbstemblematisierung“ (ebd.: 185). Dies ist in Videospielen nicht auf dieselbe Weise umsetzbar, da Skins sorgfältig vor ihrer Nutzung kuratiert werden: Ausschließlich die von der jeweiligen Spielefirma erstellten und gewünschten Skins sind für Spieler*innen zugänglich. Dadurch ist es u.a. nicht im selben Sinne möglich, sich unpassend zu kleiden, weil jeder Skin definitionsgemäß zum Spiel ‚passt‘. Zwar gibt es auch Skins, die auf den ersten Blick thematisch unpassend wirken können, wenn beispielsweise eine bunte Comicfigur aus der Zeichentrickserie Rick and Morty in einem realistisch anmutenden Kriegsspiel genutzt wird. Doch genau jene Nicht-Passung geht als humoristisches Element aus der Kollaboration verschiedener Firmen mit Videospielen hervor; ist also intendiert. Somit bleibt es unmöglich, sich durch gezieltes Fehl- oder Anderskleiden im Virtuellen auf gleiche Weise wie im Materiellen hervorzutun. Im Virtuellen ist jede Art von Auffälligkeit reguliert und findet im Rahmen der Möglichkeiten des Spiels statt. Innerhalb dieser Möglichkeiten ist das Nutzen eines Skins aber mehr als nur eine modische Darstellung.
7. How to do things with skins
Mode hat körperliche Handlungsaspekte, wie das Zurechtrücken einer Mütze oder das Nachjustieren einer verrutschten Hose. Zudem hat Mode aber auch einen kommunikativen Handlungsaspekt, der sich in mit der Sprechakttheorie von Austin erläutern lässt.
Die sogenannte Sprechakttheorie verändert das Verständnis von Sprache, wenn Austin erklärt, dass Äußerungen nicht auf wahre oder falsche Aussagen beschränkt, sondern als Handlungen zu verstehen sind. In seinen William James Lectures betont er, dass bestimmte sprachliche Äußerungen – die performativen Äußerungen – nicht in der klassischen Weise als wahr oder falsch bewertet werden können, sondern vielmehr als erfolgreich oder gescheitert (vgl. Austin 1979: 29). Ein Versprechen beispielsweise wird nicht erst durch eine separate, außersprachliche Handlung vollzogen; vielmehr ist das Aussprechen des Versprechens selbst die Handlung. Ein Versprechen kann nicht wahr oder falsch sein, aber es kann laut Austin „verunglücken“ (ebd.: 41), wenn etwa die versprechende Person es nicht ehrlich meint oder das Versprechen final bricht.
Analog zu performativen Äußerungen in der Sprache vollziehen Spieler*innen beim Auswählen und Tragen eines speziellen Skins eine kommunikative Handlung. Das heißt, dass das Tragen eines Skins nicht nur eine kosmetische Anpassung darstellt, sondern als bewusste Inszenierung der eigenen digitalen Identität fungiert. Der gewählte Skin kommuniziert Werte, Vorlieben und Zugehörigkeiten, die von den anderen Spielenden wahrgenommen und bewertet werden. Im Spiel Fortnite besteht die Möglichkeit, Avatare mit dem Erscheinungsbild zahlreicher prominenter Charaktere und Menschen aus Popkultur und realer Öffentlichkeit auszustatten. So lassen sich beispielsweise ikonische Charaktere wie Spider-Man ebenso verkörpern wie stilisierte Fantasiegestalten (etwa eine überdimensionale Banane) oder reale Persönlichkeiten wie der Rennfahrer Lewis Hamilton oder der Musiker Travis Scott. Dies eröffnet den Spielenden die Möglichkeit, sich einer Gruppe anzuschließen oder ihren eigenen Vorlieben Ausdruck zu verleihen. In der Mode ist es ein bekanntes Phänomen von Subkulturen, die durch ihren Stil eine Gruppenidentität ausdrücken (Hebdige 2010: 102). Wenn man die Frisur oder den Kleidungsstil einer Person übernimmt, „dann übernimmt [man] dadurch auch ganz bewußt und üblicherweise bejahend den Lebensstil“ (Würtz/Eckert 1998: 186). Dies lässt sich auch mit Kategorien der Sprechakttheorie erläutern: Wenn jemand beispielsweise einen Skin nutzt, der den Künstler Eminem darstellt, dann handelt die Person kommunikativ auf verschiedene Arten. Um in Austins Terminologie zu bleiben, könnte man das Tragen des Skins aufschlüsseln:
1. Verdiktiver Aspekt: Diese Äußerungen beinhalten Wertungen oder Urteile (vgl. Austin 1979: 170). Die Verwendung eines Eminem-Skins stellt einen verdiktiven Sprechakt dar, insofern der Wahl des Avatars eine positive Bewertung des Künstlers Eminem zugrunde liegen kann.
2. Exerzitiver Aspekt: Exerzitive Äußerungen umfassen Entscheidungen oder Handlungen, bei denen die sprechende Person Einfluss oder Autorität ausübt, etwa indem etwas beschlossen, genehmigt oder empfohlen wird (vgl. ebd.: 173). Die Verwendung dieses Skins stellt einen exerzitiven Akt dar, da Nutzer*innen sich aktiv dafür entscheiden, sich mit einer kulturellen Referenz öffentlich zu identifizieren und ihre Bekanntheit durch ihr eigenes Handeln im Spiel zu steigern.
3. Kommissiver Aspekt: Kommissive Äußerungen sind Sprechakte, mit denen sich der oder die Sprechende freiwillig auf ein zukünftiges Verhalten festlegt oder verpflichtet, etwa durch Versprechen oder Ankündigungen (vgl. ebd.: 176). Die Verwendung des Skins ist in der Regel nicht im engen Sinne kommissiv. Allerdings lässt sich der Erwerb eines solchen Skins durchaus als kommissiver Sprechakt im weiteren Sinne interpretieren: Käufer*innen signalisieren damit implizit die Bereitschaft, sich beispielsweise über Eminem auszutauschen.
4. Konduktiver Aspekt: Konduktive Äußerungen drücken eine persönliche Haltung oder Einstellung zu einem bestimmten Sachverhalt, Ereignis oder Verhalten aus. Typische Beispiele hierfür sind Gratulationen, Lob oder Kritik (vgl. ebd.: 179). Das Tragen eines Eminem-Skins signalisiert vermutlich Zustimmung zum Künstler.
5. Ein expositiver Aspekt ist nicht zu erkennen.
Ähnlich wie das Äußern eines performativen Satzes (etwa ein Versprechen) eine soziale Realität herbeiführt, so formt auch das Tragen eines Skins die Realität des Spielenden. Die kommunikative Wirkung eines solchen Aktes ist stark kontextabhängig und wird durch die spezifischen Konventionen des jeweiligen Spiels sowie teils auch durch die Erwartungshaltungen der Mitspielenden determiniert. Um den kommunikativen Akt zu interpretieren, bleibt jedoch mehr Kontextwissen als das hier gegebene erforderlich, und daher diese Auflistung nicht abschließend zu verstehen. Auch kann der kommunikative Akt, einen Skin zu tragen, mehr als nur ein Ziel verfolgen. Vielleicht will die Person die eigene Identität stärken, zeigen, dass sie Eminem schätzt, und dabei andere Spielende, die Eminem nicht mögen, gezielt provozieren.
Auch das Tragen eines besonders hochpreisigen Skins signalisiert nicht nur die Zahlungsbereitschaft und die ökonomische Verfügbarkeit entsprechender Ressourcen, sondern stellt zugleich eine soziale Botschaft im digitalen Raum dar. Diese Handlung kann unterschiedliche perlokutionäre Wirkungen hervorrufen (vgl. Austin 1962: 134), etwa Bewunderung oder Neid. Solche Reaktionen sind nicht zwingend unbeabsichtigt, sondern können durchaus Teil einer strategischen kommunikativen Intention sein: So ist es möglich, dass Tragende eines exklusiven Skins intendieren, den eigenen Status innerhalb der Spielgemeinschaft durch das Auslösen von affektiven Reaktionen wie Neid oder Anerkennung zu erhöhen.
8. Fazit: Modische Dystopie
In der Forschung ist bekannt, welchen Einfluss Markenklamotten als Statussymbole haben (vgl. Kasser 2022) und welche Auswirkungen dieses Phänomen auf die Gesellschaft, und im Besonderen auf Heranwachsende haben kann (vgl. Isaksen/Roper 2008: 1067). Mit der Möglichkeit virtueller Kleidung ist dieses Problem weiter gewachsen. In digitalen Spielwelten manifestiert sich die Konsumbereitschaft in Bezug auf Skins unmittelbar und sichtbar. So ist die “virtuelle Erfahrung von High-End-Fashion [übers.]” (English/Munroe 2022: 253) möglich und die Spielenden kommunizieren ihren Status über Skins (vgl. Särmäkari 2023: 108). Im Gegensatz dazu eröffnet die analoge Welt vielfältigere Möglichkeiten der Selbstinszenierung durch Kleidung – sei es im Sinne sozialer Angemessenheit, kreativer Ausdrucksformen oder individueller Stilpräferenzen.
Über den Second-Hand-Markt oder das Erschaffen eigener Kleidung ist es potenziell möglich, sich ohne großen finanziellen Aufwand selbst zu inszenieren. Dies ist in vielen Videospielen nicht (mehr) möglich. Da die meisten Free-to-Play-Spiele sich über den Verkauf von Skins finanzieren, sind die kreativen Möglichkeiten eingeschränkt. Während Spieler*innen in den 1990er-Jahren noch eigens erschaffene, semiotische Ressourcen nutzen konnten, indem sie ihre Spiele ‚moddeten‘, ist dies heute meist keine Option mehr. Die Erweiterung der verfügbaren semiotischen Ressourcen, etwa in Form zusätzlicher Skins oder kosmetischer Objekte, ist in vielen digitalen Spielumgebungen ausschließlich durch monetäre Investitionen möglich.
Zwar ermöglichen viele Spiele, das äußere Erscheinungsbild der Spielfigur durch spielinterne Leistung oder kontinuierliches Spielen – im Sinne intensiver und langfristiger Spielaktivität, also ‚Vielspielen‘ – zu modifizieren, doch bleiben besonders begehrte oder prestigeträchtige Skins häufig exklusiv hinter sogenannten Paywalls verborgen. Der Zugang zu diesen visuell markanten Individualisierungsoptionen ist somit primär zahlungswilligen Spieler*innen vorbehalten, wodurch sich digitale Distinktionsmechanismen herausbilden, die ökonomische Ressourcen privilegieren.
Aus demokratischer Sicht muss angemerkt werden, dass so weniger zahlungsbereite oder -fähige Spieler*innen weniger Ausdrucksmöglichkeiten haben und auf diese Weise weniger kreativ kommunizieren können. Paul beschreibt die Welt der Online-Videospiele als eine „toxische Meritokratie [übers.]“ (ebd.), in der Anerkennung und Status primär auf individueller Leistung beruhen. Diese meritokratische Ordnung – also eine Herrschaftsform, die auf Fähigkeiten, Einsatz und Erfolgen basiert – ist ein konstitutives Element vieler Spielsysteme. Allerdings lässt sich ergänzend feststellen, dass digitale Spielräume auch plutokratische Strukturen aufweisen: Der Zugang zu bestimmten exklusiven Inhalten, insbesondere zu kosmetischen Individualisierungsoptionen wie seltenen Skins, ist häufig monetär beschränkt und somit nur zahlungskräftigen Nutzer*innen vorbehalten. Neben der spielerischen Leistung wird folglich auch ökonomisches Kapital zu einem zentralen Differenzierungsmerkmal, sodass sich eine hybride Ordnung herausbildet, in der Meritokratie und Plutokratie ineinandergreifen.
Welche sozialen und kommunikativen Prozesse werden angestoßen, wenn eine Person besonders seltene oder kostspielige Skins präsentiert? Zum einen wird Unterstützung für kulturelle Phänomene ausgedrückt. Wenn Spielende Skins von Spider-Man nutzen, drücken sie vermutlich aus, dass sie zum einen Fan von Spider-Man sind und es sich zum anderen auch leisten können, dies zu zeigen. Der zweite Aspekt erscheint innerhalb des Frameworks semiotischer Ressourcen besonders interessant. Ein einziges teures Skin kann beeindruckend auf andere wirken, da online oft mit fremden Personen gespielt wird, die das Statussymbol sehen und anerkennen können, was zum Beispiel über ein im Spiel integriertes Kommunikationssystem, wie den Textchat, geschieht. Wenn man sozial kleinere Zirkel wie Freundesgruppen oder Schulklassen heranzieht, dann finden sich hier sicherlich Parallelen zur Markenkleidung im sozialen Umfeld und dem zugehörigen Gruppenzwang (vgl. Isaksen/Roper 2008: 1067). Während es vor 20 Jahren vor allem auf ein umfangreiches semiotisches Repertoire an physischer Kleidung ankam, ergänzt heute der digitale Kleiderschrank die Ausdrucksmöglichkeiten der Menschen.
Spielende, oft Kinder und Jugendliche, stehen in diesem Zusammenhang unter großem Druck. Zum einen ist dies die Lebensphase, in der sich das erste ‚Self‘ noch entwickelt (vgl. ebd.), und das darauf aufbauende Second Self äußerst fragil ist, was dazu führt, dass man sich mannigfaltiger, semiotischer Ressourcen bedienen möchte, um seiner Kreativität Ausdruck zu verleihen. Gleichzeitig sind Skins häufig mit erheblichen Kosten verbunden, was zur Folge haben kann, dass Spieler*innen in ihrer Nutzung eingeschränkt sind oder im Extremfall finanzielle Belastungen hin zu ökonomischen Schwierigkeiten in Kauf nehmen (vgl. GameTwo 2025).
Wird der Blick über visuelle Individualisierungsoptionen wie Skins hinaus auf nonverbale Ausdrucksformen erweitert, so zeigt sich, dass diese Formen digitaler Kommunikation ebenfalls zunehmend ökonomisiert sind: Ausdrucksweisen wie Emotes und Tänze – etwa im Fall von Fortnite – sind häufig nicht frei zugänglich, sondern müssen separat erworben werden. Nonverbale Kommunikation wird damit ebenfalls zum Gegenstand kommerzieller Verwertung innerhalb virtueller Spielwelten. Dies ist ein eigenes Forschungsfeld, welches noch recht jung ist (vgl. Raczkowski 2019).Das zieht nach sich, dass Spielende, die wenig Geld investieren, dies nicht nur durch ihre Kleidung zeigen, wie es in der materiellen Welt der Fall sein kann, sondern weiter in ihrer nonverbalen Kommunikation eingeschränkt sind. Dass die Kaufkraft einer Person ihre semiotischen Möglichkeiten bestimmt, ist ein Aspekt von digitaler Mode, der in Zukunft kritisch beobachtet und erforscht werden sollte, da dies eine dystopische Entwicklung mit kulturellen Folgen zu sein scheint. In letzter Konsequenz würde dies bedeuten, dass das ökonomische Kapital der Nutzer*innen ihr semiotisches Repertoire bestimmt. Bei rein materieller Mode betrifft dies das Äußere einer Person, in Videospielen könnten alle Kommunikationsmöglichkeiten betroffen sein.
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Bilderverzeichnis
Abb. 1: Vergleich von Jonesy-Skins. https://fortnite.gg/most-used (07.03.2025)
Abb. 2: Mario Multiplayer Farben in Doom. https://preview.redd.it/392p31jtmii51.png?auto=webp&s=f046cf07b4a5f8fb5e726d8542acb8d45acf0332 (07.03.2025), Quake 1 (1996) originale Skins; eigene Screenshots aus dem Videospiel Quake
Abb. 3: Default User vs. Paid User. https://i.imgflip.com/7te1ud.jpg (11.08.2025)
Biography
Andreas Osterroth first worked as a teacher for German, Mathematics, and Physical Education at a secondary school before transitioning to academia. He is now a Lecturer at the Institute of German Studies at RPTU. His research focuses on linguistics, language criticism, and digital media, with a particular emphasis on internet memes. He has published on memes and digital communication and is currently researching the connection between AI and language criticism, also in relation to school teaching. In addition, he co-leads the Language Criticism section of the German Association for Applied Linguistics (GAL) together with Anne Diehr.
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Citation
Andreas Osterroth: Digitale Mode als semiotische Ressource: Die kommunikative Rolle von Skins in Videospielen. In: IMAGE. Zeitschrift für interdisziplinäre Bildwissenschaft, Band 42, 8. Jg., (2)2025, S. 209-224
ISSN
1614-0885
DOI
10.1453/1614-0885-2-2025-16669
First published online
September/2025
